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Keller: Armutszeugnis – Lange: Absage an ISDS

TTIP: Anfang vom Ende der intransparenten Schiedsstellen, sagt MdEB Lange

Trojanisches Pferd der TTIP-Gegendemonstranten vor Willy-Brandt-Haus Berlin - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur ZukunftAm 28.05.2015 stimmte der Handelsausschuss des Europaparlaments über die Position zu TTIP ab. Die Abstimmung ist die Basis für die kommende Plenumsabstimmung. Die Sozialdemokraten hätten sich bei Abstimmung zu TTIP-Resolution durchgesetzt, sagte Bernd Lange, SPD-Europaabgeordneter, Vorsitzender des Handelsausschusses und TTIP-Berichterstatter des EU-Parlaments. Er nannte das Abstimmungsergebnis eine „Absage an überholtes ISDS-System“. „Die Handelspolitiker im Europäischen Parlament forderten eine grundlegende Reform des Investorenschutzes in EU-Handelsabkommen“ – so lautet eine der zentralen Aussagen, die der Ausschuss für internationalen Handel am Donnerstag in seiner Resolution zu den laufenden Verhandlungen für das transatlantische Abkommen TTIP verabschiedet hat. In der Resolution verlangen die Europaparlamentarier ein neues System zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, in dem unabhängige, öffentlich berufene Richter in transparenten Verfahren ihre Urteile fällen.
Ska Keller, stellvertretende Vorsitzende und handelspolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, nannte das Abstimmungsergebnis „ein Armutszeugnis“, der „vor allem die Interessen der großen Konzerne“ stärke.
Lange dagegen: „Diese Resolution ist der Anfang vom Ende der intransparenten Schiedsstellen. Ich erwarte nun vom gesamten Europäischen Parlament Unterstützung in dieser Frage. Auch die Europäische Kommission kann unsere klare Ansage nicht ignorieren.“
Die nun im Ausschuss verabschiedete Resolution ist ein zuverlässiger Indikator für den Standpunkt und die Empfehlungen des Europäischen Parlaments zu den laufenden TTIP-Verhandlungen. Darüber hinaus legen die Parlamentarier darin auch ihre Forderungen an ein mögliches Handelsabkommen mit den Vereinigten Staaten fest. Denn wie jedes andere EU-Handelsabkommen kann ein künftiges TTIP-Abkommen nicht ohne die Zustimmung des Europäischen Parlaments in Kraft treten. Daher ist die Resolution ein wichtiges Signal an die Verhandlungsführer auf beiden Seiten des Atlantiks.
„Es geht bei unserer Resolution nicht darum, den Daumen für ein Abkommen hoch oder runter zu heben. Das wäre auch vollkommen unseriös, da es zu diesem Zeitpunkt schlicht keine Verhandlungsergebnisse gibt, die man bewerten könnte. Es geht vielmehr darum darzulegen, unter welchen Umständen und mit welchen Inhalten ein Abkommen für uns vorstellbar ist. Diese Forderungen haben wir Sozialdemokraten maßgeblich geprägt. Dazu gehören starke Arbeitnehmerrechte, der Schutz der kulturellen Vielfalt und eine klare Absage an intransparente Schiedsstellen“, erklärt Bernd Lange, weshalb es so wichtig ist, als Europäisches Parlament umfassend Stellung zu den TTIP-Verhandlungen zu beziehen.
Voraussichtlich Anfang Juni entscheidet das gesamte Plenum des Europäischen Parlaments über die Resolution.
Nächste Schritte
Der konsolidierte Resolutionstext, wie er vom Ausschuss beschlossen wurde, wird in Kürze auf der Website des Ausschusses für internationalen Handel zur Verfügung stehen:INTA-Website
Das Plenum des Europäischen Parlaments wird voraussichtlich am 10. Juni in seiner Sitzungswoche in Straßburg über die Resolution debattieren und diese im Anschluss abstimmen.
Der EU-Parlamentarier Sven Giegold (Grüne) veröffentlichte den abgestimmten Text, der die Reform der ISDS-Schiedsgerichte begrüßt und damit die privaten Schiedsgerichte grundsätzlich akzeptiert, statt ISDS abzulehnen. Es ist beschämend für Demokraten, rechtstaatsfeindliche Privatgerichte für Konzerne zu unterstützen. Unser Grüner Antrag gegen ISDS kam darauf nicht mehr zur Abstimmung.

Der Text: „(xiv)​ …to ensure the applicability of international agreements, to bring an end to the unequal treatment of European investors in the US on account of existing agreements of Member States; to ensure that foreign investors are treated in a non-discriminatory fashion and have a fair opportunity to seek and achieve redress of grievances while benefiting from no greater substantive rights than domestic investors:
• to use the concept paper recently presented by Commissioner Malmström to INTA Committee on May 7 as a basis for negotiations on an effective investment protection clause, as it provides very welcome proposals for reform and improvement
• to propose a permanent solution for resolving disputes between investors and states which is subject to democratic principles and scrutiny , where potential cases are treated in a transparent manner by publicly appointed, independent professional judges  in public hearings and which includes an appellate mechanism, where consistency of judicial decisions is ensured and the jurisdiction of courts of the EU and of the Member States is respected
• in the medium term, a public International Investment Court could be the most appropriate means to address investment disputes.“

Keller: “Sozialdemokratische und konservative EU-Abgeordnete haben die Schiedsgerichte für Investoren (ISDS) im Handelsausschuss des Europaparlaments passieren lassen. Für die Sozialdemokraten ist die große Koalition offenbar wichtiger als die Interessen der Bürgerinnen und Bürger. Sie gaben ihren Widerstand gegen die undemokratischen Schiedsgerichte auf. Das ist ein Armutszeugnis. Die kosmetischen Reformen, die von der EU-Kommission angekündigt worden sind, ändern nichts daran, dass durch ISDS große Konzerne horrende Summen von Staaten erklagen können.
Dieser Bericht stärkt vor allem die Interessen der großen Konzerne. Die Bedenken der Bürgerinnen und Bürger, die in den vergangenen Monaten laut geworden sind, werden kaum berücksichtig. Das Einfallstor für verstärkte Einflussnahme auf den Gesetzgebungsprozess, die sogenannte regulatorische Kooperation wird nicht abgelehnt. Die öffentlichen Dienstleistungen sind weiterhin in Gefahr, weil die Große Koalition den sogenannten “Negativ-Listen“ zustimmte: Jede Dienstleistung, die nicht explizit ausgenommen wird, könnte somit liberalisiert werden. Bis zur Abstimmung im Plenum wird die Grünen/EFA-Fraktion alles daran setzen, ein positives Ergebnis zu erreichen.”
->Quellen:
bernd-lange.de/content/367713.php
sven-giegold.de/2015/beschaemend-christdemokraten-sozialdemokraten-und-liberale-stimmen-fuer-ttip-schiedsgerichte/

Über den Autor:

Gerhard Hofmann

Gerhard Hofmann

Dr. Hofmann war bis 2008 TV-Redakteur, u.a. ARD-Korrespondent Südamerika und Chefreporter SWF, Chefkorrespondent n-tv und RTL. Als Chef der Agentur Zukunft, berät im Bereich der erneuerbaren Energien und Nachhaltigen Entwicklung, u.a. die Desertec Initiative Dii, das IASS Potsdam, acatech und die ...