An-Institut der Stiftung Weltethos
an der Universität Tübingen

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Kampf der Kulturen – oder Konsens? Weltethos für alle

Dr. Christopher Gohl, sprach am 23. Januar im Haus der Akademischen Gesellschaft Stuttgardia über: Weltethos – Ethischer Elementarkonsens statt Kampf der Kulturen.

Kann die Weltgemeinschaft in Frieden leben? Diese Frage stellte Dr. Christopher Gohl an diesem Abend einem überwiegend jungen studentischen Publikum. Glaubt man dem US-Amerikanischen Politologen Samuel Huntington, so Gohl, dann befindet sich die Welt in einem „Kampf der Kulturen“ oder „Clash of Civilization“. Die von Huntington aufgestellte politische Theorie stehe in der Traditionslinie eines Diskurses, der einerseits die Bedeutung von Kulturkreisen für die Menschheitsgeschichte hervorhebe, dabei aber andererseits ein pessimistisches Bild von Konflikt und Niedergang der abendländischen Kultur zeichne. Dem stellte Gohl am Beispiel der Menschenrechte Erfolge bei der interkulturellen Einigung und Koexistenz entgegen, die Hoffnung auf verbindende Werte machen. Im Dialog mit den Gästen problematisierte er dann aber die Letztbegründung und Durchsetzungskraft der Menschenrechte. Dem Plenum gelang es ausweislich einer Abstimmung nicht, sich hinter einer gemeinsamen Begründung der Universalität von Menschenrechten zu versammeln.

Möglicherweise, so bilanzierte Gohl den ersten Teil seines Vortrags, sei es aber auch gar nicht entscheidend, eine allgemein gültige Letztbegründung zu geben. Denn so wie ein demokratischer Staat von Voraussetzungen lebe, die er selbst nicht garantieren könne, lebe möglicherweise eine friedliche Weltgemeinschaft ebenfalls von Voraussetzungen, die sie selbst weder universell begründen noch garantieren könne – nämlich von geltenden Normen, Werten und Prinzipien, von Ethos und Moral, Sitten, Gebräuchen und Gewohnheiten, die religiös und kulturell verankert seien.

Hier setze die Idee des Weltethos-Projekts von Prof. Dr. Hans Küng an. Im Rahmen des von ihm gegründeten Weltethos-Projekts werde nach empirisch belegbaren Prinzipien und Werten gesucht, die über alle kulturelle Grenzen und geschichtliche Perioden hinweg immer wieder geltend gemacht worden seien und bis heute an Aktualität nicht verloren hätten. Mit den sechs Kernelementen des Weltethos seien in den großen religiösen Stromsystemen und Weltreligionen solche Prinzipien und Werte identifiziert und aufgearbeitet worden, was Gohl am Beispiel der Goldenen Regel der Gegenseitigkeit vertiefend illustrierte. Zwei Prinzipien: Die Goldene Regel der Gegenseitigkeit und das Prinzip Menschlichkeit, sowie vier Werte: Gewaltlosigkeit, Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit und die Partnerschaft von Mann und Frau, seien nicht ethischer Minimal- sondern ethischer Elementarkonsens. Ihre Durchsetzung müsse nicht zentral von der Weltgemeinschaft garantiert werden, sondern vollziehe sich dezentral, über Kulturelle Prägungen. Diese sechs Kernelemente könnten sowohl als Ausgangspunkt für einen interkulturellen Dialog als auch als Bezugspunkte für eine Verständigung über Konsense und Kooperation dienen.

Abschließend stellte Gohl die Arbeit des Weltethos-Instituts in Tübingen vor. Der Fokus der Arbeit liege in einem Weltethos für die Wirtschaft. Hintergrund der Arbeit sei die Einsicht, dass in der Verständigung der Menschen weltweit und der Ethik-Forschung ein grundsätzlicher Wertekonsens der verschiedenen Kulturen und Religionen der Erde immer deutlicher werde: das Weltethos. Dieser Wertekonsens werde vermittelt angesichts konkreter Herausforderungen in der globalisierten Wirtschaft. Denn: Die Globalisierung der Welt habe auch die Wirtschaft verändert. Entgrenztes wirtschaften führe zu wachsenden Belastungen der sozialen, ökologischen und kulturellen Lebensgrundlagen. Darum sei ein Ziel des WEIT weltethisch motivierte Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern.

Der lange Beifall, die sich anschließende engagierte Diskussion über die Weltethos-Idee und die Wünsche mehrerer Gäste, sich mit der Weltethos-Idee im eigenen Studium zu beschäftigen, zeigt die Bedeutung, die ein junges Publikum dem Weltethos-Projekt für die Zukunft beimisst.