Erklärung der Forschungsgruppe Ethisch-Ökologisches Rating (FGEÖR) der Goethe-Universität Frankfurt
1997 veröffentlichte die FGEÖR den sogenannten Frankfurt-Hohenheimer-Leitfaden (FHL) – Ethische Bewertung von Unternehmen. Nach fast zwanzig Jahren war nun es an der Zeit, sich an eine kritische Relektüre zu wagen, denn viel hatte sich inzwischen in der Nachhaltigkeitsdiskussion bewegt und verändert – und nicht nur zum Besten: Der Begriff selbst ist durch dutzendfache Definitionsversuche reichlich verunklart worden; Ratingagenturen missbrauchen ihn in seiner schwachen Form ebenso wie Industrie-Unternehmen zum Greenwashing. Das Ergebnis ist eine weitestgehende Aufspaltung der Nachhaltigkeitsforschung. Daher bleibt ihre Wirkung auf Politik und Gesellschaft schwächer als seinerzeit erwartet. Hier setzt die Neuauflage des FHL an: Mit einem starken Nachhaltigkeitsbegriff und daran orientierten aktualisierten Kriterien will er Ordnung in die Diskussion und Klarheit in die Argumentation bringen.
Aus der Komplexität dieses Vorhabens ergibt sich, dass es weiterer Forschungen und anschließender bzw. begleitender Publikationen zu diesem Themenkomplex bedarf, insbesondere im Bereich der Operationalisierung von Kulturverträglichkeit sowie der (exemplarischen) Zuweisung von Externalisierungskosten zu einzelnen Bewertungskriterien.
Anders als der ursprüngliche FHL (1997) richtet sich der FHL 2.0 nicht mehr zentral an Nachhaltigkeitsrating-Agenturen, Unternehmen und Banken, sondern an alle Stakeholder. Es geht um die Realisierung einer Kreislaufwirtschaft. Hier werden Konsumenten/Verbraucher zu Usern/Nutzern des Planeten, wenn sie beim Kauf darauf achten, dass sie überall, wo es möglich ist, Produkte mit ehrlichen Preisen erwerben und Billigprodukte ablehnen, weil der niedrige Preis in der Regel der Abwälzung ökologischer und sozialer Kosten auf die Allgemeinheit geschuldet ist und das Gemeinwohl schädigt.
Es geht also alle an, denn eine Wirtschaft, die ihr Wachstum und ihre Gewinne durch die Abwälzung von Kosten auf die Gesellschaft und das Gemeinwohl und nicht durch Marktleistung erzielt, sägt den Ast ab, auf dem sie sitzt.
Die Forschungsgruppe Ethisch-Ökologisches Rating ist eine interdisziplinär, transdisziplinär, ökumenisch und interkulturell zusammengesetzte Gruppe am Fachbereich Katholische Theologie der Goethe-Universität Frankfurt. Sie hat 1997 für die Nachhaltigkeitsbewertung von Unternehmen eine Kriteriologie, den sogenannten Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden (FHL), vorgelegt. Diese Kriteriologie berücksichtigt drei Bewertungsdimensionen: Natur-, Sozial- und Kulturverträglichkeit. Sie ist u.a. die Grundlage des Corporate Responsibility Ratings (CRR) der oekom research AG in München.
Die ethische oder Nachhaltigkeits-Bewertung ist ein wichtiger Schritt, Unternehmen in der Entwicklung nachhaltigerer Produktionsverfahren und Produkte zu bestärken. Ihre Weiterentwicklung bedarf der kritischen Begleitung durch wissenschaftliche und bürgerschaftliches Interesse, ihre Ausbreitung bedarf der Flankierung durch Regeln und Institutionen, die einen die Gemeingüter fördernden und schützenden Wettbewerb auf nationaler, internationaler und interkultureller Ebene sichern und einer sozialökologischen Marktwirtschaft Gestalt geben. Die Forschungsgruppe widmet diesen beiden die Buchreihe Geld & Ethik.
Titel: Systemänderung oder Kollaps unseres Planeten
Aus der Reihe Geld & Ethik
Autoren/Herausgeber: Johannes Hoffmann – weitere Mitwirkende: Claudia Döpfner, Wolfgang Fischer, Michael Hebenstreit, Gerhard Hofmann, Sebastian Jasim, Hans Albert Schneider, Johannes Hoffmann, Gerhard Scherhorn
ISBN/EAN: 9783932483592, 72 Seiten, Format: 22,5 x 14,5 cm