An-Institut der Stiftung Weltethos
an der Universität Tübingen

First slide

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wg. CETA/TTIP

Für ein starkes Primat der Politik – Für fairen Handel ohne Demokratie-Outsourcing
Der Bundestag wolle beschließen:
Grüne Bundestagsfraktion logoI. Der Deutsche Bundestag stellt fest: Seit Erteilung des Verhandlungsmandats am 14. Juni 2013 steht das geplante transatlantische Freihandelsabkommen (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP) in der öffentlichen Kritik. Lauter werdende Stimmen in der Zivilgesellschaft und in den Parlamenten haben wiederholt Kritik sowohl am intransparenten Verhandlungsverfahren als auch an den geplanten Inhalten geäußert. Neben dem Abbau von tarifären Handelshemmnissen in Form von Zöllen soll es insbesondere um den Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse und eine Harmonisierung sowie gegenseitige Anerkennung von Standards in zahlreichen Sektoren gehen. Daneben ist ein umfassendes Investitionsschutzkapitel geplant, auf dessen Grundlage Staaten von Investoren in außergerichtlichen Schiedsgerichtsverfahren verklagt werden könnten.
Anti-TTIP-Proteste  - Foto © Mehr Demokratie - CC BY-SA 2.0Die Kritik erstreckt sich inzwischen auch auf das fast ausverhandelte europäischkanadische Freihandelsabkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA). In CETA getroffene Regelungen könnten aufgrund der engen Verflechtung der Wirtschaftsräume der USA und Kanadas schon vor Abschluss von TTIP Fakten schaffen.
Im Fokus der inhaltlichen Kritik stehen sowohl bei TTIP als auch bei CETA die geplanten Kapitel zum Investitionsschutz, insbesondere die außergerichtlichen Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismen (ISDS). Befürchtet wird, dass auf Grundlage solcher Bestimmungen demokratisch legitimierte Entscheidungen im Bereich Umwelt-, Verbraucher- oder Gesundheitsschutz vermehrt von Konzernen angegriffen werden. Auch ein möglicher „chilling effect“ wird diskutiert. Aus Angst vor Klagewellen könnten Staaten davor zurückschrecken, in bestimmten Bereichen überhaupt Regulierungen zu beschließen. Die Erfahrungen mit bestehenden bilateralen Investitionsschutzabkommen offenbaren dabei die Missbrauchsanfälligkeit bestimmter Klauseln im Rahmen von außergerichtlichen Schiedsgerichtsverfahren, wie zum Beispiel zu „fairer und gerechter Behandlung“ (fair and equal treatment – FET). Zunehmend nutzen Konzerne solche Bestimmungen, um unliebsame Regulierungen zu Fall zu bringen oder hohe Schadenersatzforderungen, teilweise in Milliardenhöhe, geltend zu machen, für die dann die SteuerzahlerInnen in Haftung genommen werden. Die Klage Vattenfall gegen Deutschland, bei der 3,7 Mrd. Euro aufgrund des demokratisch beschlossenen Atomausstiegs eingefordert werden, ist eines von vielen Beispielen. Auch der Mangel an Transparenz und der zweifelhafte Rollentausch zwischen AnwältInnen und RichterInnen in Schiedsgerichtsverfahren hat neben unklar definierten Rechtsbegriffen dazu geführt, dass das ursprüngliche und im Kern richtige Anliegen von Investitionsschutzabkommen, nämlich der Schutz des Unternehmens vor Enteignung, völlig ad absurdum geführt wurde.
Aufgrund des zunehmenden Drucks aus der Zivilgesellschaft und aus den Parlamenten hat die EU-Kommission am 27. März 2014 ein Konsultationsverfahren zum Investitionsschutzkapitel in TTIP eingeleitet. Der von der Kommission im Rahmen der TTIP-Konsultation veröffentlichte Text basiert auf dem aktuellen Verhandlungsergebnis von CETA. Zu kritisieren ist allerdings, dass nur Auszüge und nicht der vollständige Textentwurf zum Investitionsschutzkapitel von CETA veröffentlicht wurde. Wenn die Kommission die Beteiligung ihrer Bürgerinnen und Bürger in Europa ernst nehmen würde, dann hätte sie im Rahmen des Konsultationsprozesses die vollständigen Informationen zur Verfügung stellen müssen. Nur so ist eine angemessene Beurteilung des Sachverhaltes möglich.
Völlig unverständlich ist, dass das Ergebnis des Konsultationsverfahrens nicht auch auf die Regelungen in CETA angewendet wird. Es ist unmöglich zu dem Schluss zu kommen, dass die Regelungen zum Investitionsschutz in CETA für TTIP abgelehnt werden sollen, sie im Rahmen von CETA aber einfach unverändert bestehen bleiben. Die im Rahmen des Konsultationsverfahrens publizierten Auszüge aus dem Entwurf des Vertragstextes zu CETA machen zudem deutlich, dass CETA eine präjudizierende Wirkung auf TTIP und weitere Freihandelsabkommen hätte. Auch ohne ein Investitionsschutzkapitel in TTIP könnten Unternehmen in den USA und der EU über Tochterfirmen in Kanada eben diese Klageprivilegien einfordern.
Eine nachvollziehbare Begründung, weshalb ein nahezu identisches Investitionsschutzkapitel in einem Vertragstext nötig, in einem anderen aber nicht zielführend sein soll, gibt es nicht. Wenn die Kommission das Konsultationsverfahren also ernsthaft und ergebnisoffen betreibt, muss sie die Ergebnisse des Verfahrens im Rahmen von TTIP ebenfalls auf die Verhandlungen zu CETA anwenden.
Es bleibt die Frage bestehen, weshalb zwischen der EU und den USA beziehungsweise Kanada überhaupt solche Investitionsschutzregelungen nötig sind. Alle Vertragspartner verfügen über gewachsene, robuste und international anerkannte rechtsstaatliche Strukturen, auf die sich auch Unternehmen aus anderen Staaten verlassen können. Bereits jetzt bestehen intensive Investitionsbeziehungen zwischen der EU und den USA sowie Kanada. Die große Anzahl der gegenseitig getätigten ausländischen Direktinvestitionen zeugt von einem gewachsenen, stetigen Vertrauen in die Investitionssicherung und die gesetzlichen Grundlagen.
Angesichts der großen politischen und finanziellen Risiken, die mit einem schlecht ausgestalteten Investitionsschutzkapitel verbunden sind, und angesichts der Tatsache, dass die EU und die USA sowie Kanada über ausreichend entwickelte Rechtssysteme verfügen, um etwaige Konflikte vor nationalen Gerichten zu lösen, müssen die Verhandlungen zu Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismen beendet werden. Ein von der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN veranstaltetes Fachgespräch zum Thema hat gezeigt: Die Vorstellungen der EU-Kommission zum Investitionsschutz weisen zwar an manchen Stellen Verbesserungen im Vergleich zu bisherigen Abkommen auf; sie lösen aber nicht den Kern des Problems, nämlich die Schaffung von Privilegien für internationale Konzerne, ihre Klage vor privaten Schiedsgerichten vorbringen zu können und damit die staatliche Gerichtsbarkeit zu umgehen. Rechtsstaatliche Verfahren finden grundsätzlich öffentlich und zwar vor dem gesetzlichen Richter statt, der in der Regel auf Lebenszeit ernannt und damit unabhängig ist. In Artikel 92 des Grundgesetzes heißt es: „Die rechtsprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut“. Anders als bei einer Einigung zwischen zwei Privatparteien kann sich der Staat nicht ohne weiteres einem geheimen Schiedsverfahren unterwerfen, bei dem möglicherweise subjektive Rechte Dritter, nämlich der Bürgerinnen und Bürger verletzt werden könnten. Die Exekutive ist an Recht und Gesetz gebunden und ist der öffentlichen Kontrolle durch Parlament und Rechtsprechung unterworfen.
Aus diesem Grunde ist das klare Signal notwendig, dass der Deutsche Bundestag keinem Freihandelsabkommen mit den USA oder Kanada zustimmen wird, welches solche Schiedsverfahren vorsieht. Die Regierungsfraktionen haben im Koalitionsvertrag vereinbart, das Rechtsprechungsmonopol des Staates zu stärken. Wer den Rechtsstaat aber stärken will, darf diesen nicht zur Disposition stellen.
Neben den Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren stehen die Pläne zur regulatorischen Kooperation und die Einrichtung von Regulierungsräten in der Kritik. Ähnlich wie in bestehenden Abkommen soll über den Vertragstext hinaus die Angleichung von Zulassungsverfahren und Standards angestrebt werden. Solche Verfahren haben sich in der Vergangenheit anfällig für Einflussnahme durch Lobbyinteressen erwiesen, etwa im Fall von NAFTA. Diese Regulierungsräte arbeiten weitgehend intransparent und würden sich der parlamentarischen und öffentlichen Kontrolle weitgehend entziehen. Auch die Vereinbarungen zu vereinfachten und rein wissenschaftsbasierten Zulassungsverfahren stellen in der jetzigen Form einen klaren Angriff auf das europäische Vorsorgeprinzip dar.Erklärtes Ziel amerikanischer Konzerne wie Monsanto ist die Aushebelung oder Aufweichung europäischer Standards wie der Nulltoleranz bei Gentechnik in Lebensmitteln.
Auch die in CETA getroffenen Vereinbarungen sehen vor, Interessengruppen – de facto aber vor allem betroffene WirtschaftsteilnehmerInnen – schon in einem sehr frühen Stadium Gelegenheit zur Stellungnahme und damit zur Einflussnahme auf geplante Regulierungsvorhaben zu geben. Dass hieraus eine Gefahr, zum Beispiel auch für die künftige Chemikalien- und Pestizidzulassung und -regulierung erwächst, bestätigen zwei aktuelle Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags.1 Von Seiten kommunaler Akteure, beispielsweise des Deutschen Städtetags, wurde im Zusammenhang mit den geplanten Abkommen wiederholt auf die Risiken im Bereich der Dienstleistungsliberalisierung hingewiesen. Die kommunale Gestaltungshoheit bei der Daseinsvorsorge darf nicht durch Handelsabkommen gefährdet werden, lautet die Forderung an die Bundesregierung. Das gilt für Bereiche wie Abfall und ÖPNV, soziale Dienstleistungen sowie alle Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge im Kulturbereich. Keinesfalls darf die Liberalisierung der Wasserversorgung durch das Freihandelsabkommen wieder durch die Hintertür auf den Tisch kommen.
Das Ansinnen der Kommission, eine so genannte „Negativliste“ aufzustellen, die einmalig festlegen würde, welche Bereiche ausdrücklich von einer Liberalisierung ausgenommen werden, ist nicht akzeptabel, weil eine solche Liste in Zukunft nur sehr schwer erweiterbar ist. Einmal freigegebene Marktzugänge sind nur sehr schwer oder nur zu immensen Kosten wieder rückgängig zu machen. Eine „Positivliste“ in der zunächst auch unter den kommunalen Akteuren unstrittige Bereiche genannt werden, für die Marktzugänge möglich sein sollen, würde Flexibilität auch für Re-Kommunalisierungen eröffnen und die kommunale Gestaltungs- und Organisationshoheit am besten schützen.
Unklar ist zudem sowohl bei TTIP als auch bei CETA die Frage des Charakters der Abkommen. Die Bundesregierung hat in einer Antwort auf die Kleine Anfrage (Bundestagsdrucksache 18/828) der antragstellenden Fraktion bestätigt, dass es keine Einigkeit zwischen der Bundesregierung und der Europäischen Kommission darüber gibt, ob die Abkommen auch durch die EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden müssen. Dass hier keine Klarheit besteht ist bei CETA besonders bedenklich.
Am 18. Oktober 2013 wurde eine politische Einigung für das Abkommen erzielt und die Verhandlungen sollen Anfang Mai 2014 zu einem Abschluss gebracht werden.
Die Auffassung der Mitgliedstaaten, es handle sich jeweils um gemischte Abkommen, steht hier gegen die Auffassung der EU-Kommission, sie könne auch alleine Vertragspartnerin werden. In diesem Fall würden beide Abkommen ausschließlich auf EU-Ebene geschlossen, ohne eine Ratifizierung durch die 28 Mitgliedstaaten.
Die grundsätzliche Frage, wer jeweils Vertragspartner wird, muss dringend geklärt werden.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

  1. sich unverzüglich im Rat der Europäischen Union dafür einzusetzen, dass weder CETA noch TTIP Regelungen beinhalten, die die Handlungs- und Gestaltungsspielräume der demokratisch legitimierten Gesetzgeber zukünftig einschränken, Gemeinwohlinteressen hinter den Partikularinteressen großer Konzerne zurücktreten lassen oder nationale Rechtssysteme unterlaufen;
  2. sich unverzüglich im Rat der Europäischen Union dafür einzusetzen, dass weder in CETA noch in TTIP ein Mechanismus zu außergerichtlichen Schiedsverfahren zwischen Investoren und Staaten aufgenommen wird beziehungsweise ein Abkommen, das einen solchen Streitbeilegungsmechanismus vorsieht, abzulehnen;
  3. im Rat der Europäischen Union gegen ein Abkommen zu stimmen, wenn darin Regelungen zur regulatorischen Kooperation getroffen werden, die kurz- oder langfristig zu einer Absenkung von Umwelt-, Verbraucher- und Datenschutz- oder Sozialstandards führen könnten, die das Vorsorgeprinzip in Frage stellen oder in Zukunft gesetzgeberische Handlungsmöglichkeiten, bspw. im Urheberrecht, einschränken könnten;
  4. im Bereich der Dienstleistungen in CETA und TTIP für so genannte Positivlisten einzutreten, die zunächst nur Marktzugänge für wenige, auch unter kommunalen Akteuren unstrittige Bereiche schaffen und explizit nicht für die kommunale Daseinsvorsorge, insbesondere Bereiche, wie die öffentliche Wasserver- und Abwasserentsorgung, Abfall und ÖPNV, soziale Dienstleistungen sowie alle Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge im Kulturbereich;
  5.  sich gegenüber der Kommission dafür einzusetzen, dass CETA und TTIP
    als gemischte Abkommen abgeschlossen werden und der CETAVertragstext
    bereits zum jetzigen Zeitpunkt entsprechend angepasst wird.

Berlin, den 20. Mai 2014
Begründung

Bei den Verhandlungen zu TTIP und CETA geht es nicht in erster Linie um die Absenkung von Zöllen. Zwar spielen Zölle für eine kleine Gruppe von Branchen eine wichtige Rolle, im Durchschnitt liegen sie aber bei nur 3 Prozent. Der Schwerpunkt in der Zielsetzung von TTIP und CETA liegt eindeutig in der Schaffung eines umfassenden Investitionsschutzes und der Angleichung regulatorischer Standards.
Um die Angleichung regulatorischer Standards zu erreichen, sollen bestehende Zulassungsverfahren und Standards harmonisiert bzw. als äquivalent betrachtet werden. Die Abstimmung über in Zukunft abzuschließende Regulierungen soll im Rahmen von Regulations- bzw. Kohärenzgremien erfolgen, die im Anschluss an die Ratifizierung von TTIP bzw. CETA ihre Arbeit aufnehmen sollen.
Die Angleichung bestehender Zulassungsverfahren und Standards darf in keinem Fall zu einer Senkung des Schutzniveaus etablierter Standards führen. Dies gilt sowohl für europäische als auch für US-amerikanische und kanadische Schutzstandards. Stattdessen sollten bewährte und hohe Standards auf eine mögliche Übernahme hin geprüft werden, etwa im Bereich der Finanzmarktregulierung oder bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln. Die Ex-ante-Harmonisierung von Zulassungsverfahren und Standards durch so genannte „Regulatory Cooperation Councils“ hat sich bereits im Rahmen von NAFTA als enorm anfällig für die Einflussnahme durch Lobbyisten erwiesen, die über die nötigen Mittel verfügen, um ihre Interessen massiv zu vertreten. Vertreter der Zivilgesellschaft sowie NGOs würden dagegen vermutlich nicht oder nur unzureichend über die Pläne informiert. Die Anbindung solcher Gremien an legislative Prozesse auf nationaler und supranationaler Ebene bleibt unklar. Deshalb ist ein solches Demokratie-Outsourcing abzulehnen, insbesondere dann, wenn es den Einfluss der demokratisch legitimierten Parlamente auch nur im Ansatz beschneidet.
Die Verlagerung von Entscheidungen über gesetzliche Regulierung von demokratisch gewachsenen und der Öffentlichkeit gegenüber Rechenschaft schuldigen Institutionen in intransparente Gremien, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagen, ist nicht hinnehmbar.
Die Probleme mit bestehenden Investitionsschutzbestimmungen resultieren insbesondere aus der Verwendung unklar definierter Rechtsbegriffe, die eine weite und oft widersprüchliche Auslegung der Abkommen ermöglichen. Laut UNCTAD werden ähnliche oder identische Rechtsbegriffe divergierend interpretiert. Am anfälligsten hierfür sind so genannte FET-Klauseln, die Unternehmen faire und gerechte Behandlung garantieren, aber meist kaum konkretisieren, wie diese zu verstehen ist. Hinzu kommen Klauseln zur indirekten Enteignung, die nur in wenigen Fällen klar definiert sind. So genannte „Most Favoured Nation“-Klauseln, im internationalen Handel generell ein gutes Prinzip, ermöglichen es darüber hinaus Investoren, sich in ihren Klagen auf günstigere Bestimmungen in anderen Investitionsschutzabkommen zu berufen. Eine Präzisierung der einschlägig als Klagegrund angeführten Rechtsbegriffe in einem Abkommen allein ist also nicht ausreichend.
Zudem stehen auch die Streitbeilegungsverfahren selbst in der Kritik. Denn die entsprechenden Konzernklagen erfolgen in der Regel nicht vor den nationalen Gerichten, sondern vor so genannten Investor-Staat- Schiedsgerichten. Diesen Verfahren mangelt es massiv an Transparenz. Verhandlungen sind für die Öffentlichkeit im Regelfall nicht nachvollziehbar und die Option einer Berufung ist nicht vorgesehen. Zudem gibt es keine klare Trennung zwischen der Person der Anwälte und der RichterInnen. Dieselbe Person kann in einem Schiedsgerichtsverfahren als Anwalt einer Partei auftreten und in einem anderen Schiedsgerichtsverfahren als Richter fungieren, was zu Interessenskonflikten führen kann. Auch die Bezahlung pro Fall und Verhandlungstag schafft Anreize, Klagen eher für rechtmäßig zu erklären bzw. durch eine weite Auslegung der Investitionsschutzklauseln Unternehmen zu weiteren Klagen zu ermutigen.
Gleichzeitig ist der erwartete Nutzen für Firmen oder die Bürgerinnen und Bürger Europas aus dem Abschluss solch eines Investitionsschutzabkommens in TTIP vernachlässigbar. Bereits jetzt bestehen intensive Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA, das bilaterale Investitionsvolumen zwischen beiden Partnern belief sich Ende 2012 auf 320 Mrd. US-Dollar. Das hohe Volumen der gegenseitig getätigten ausländischen Direktinvestitionen zeugt von einem gewachsenen, stetigen Vertrauen in die Handelspartnerschaft und die gesetzlichen Grundlagen, auf denen diese entstanden ist. Beide Seiten verfügen über gewachsene, robuste und international anerkannte rechtsstaatliche Grundordnungen, auf die sich auch Unternehmen aus anderen Staaten verlassen können. Etwaige Konflikte können vor den nationalen Gerichten sehr gut gelöst werden. Der Nachweis, dass ein solches Kapitel in einem Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU benötigt wird, konnte bisher nicht erbracht werden.
->Quelle: dip.bundestag.de

Über den Autor:

Gerhard Hofmann

Gerhard Hofmann

Dr. Hofmann war bis 2008 TV-Redakteur, u.a. ARD-Korrespondent Südamerika und Chefreporter SWF, Chefkorrespondent n-tv und RTL. Als Chef der Agentur Zukunft, berät im Bereich der erneuerbaren Energien und Nachhaltigen Entwicklung, u.a. die Desertec Initiative Dii, das IASS Potsdam, acatech und die ...