An-Institut der Stiftung Weltethos
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Bundesregierung mit "zehn guten Gründen" für TTIP

Neue Broschüre
TTIP BroschüreAm geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA scheiden sich die Geister. Aber: Was ist Freihandelsabkommen der EU mit den USA TTIP eigentlich? Eine Art Grundlagenvertrag für eine florierende Wirtschaft? Oder ein Masterplan, der eine Gefahr für Demokratie, Mensch und Umwelt darstellt? Mehr Wachstum und Wohlstand, mehr Jobs, mehr Investitionen – das sind nur drei von zehn guten Gründen für TTIP – schreibt das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung in einer eben veröffentlichten Broschüre. Der EÖR-Blog dokumentiert ihre entscheidenden Argumente.

In TTIP gehe es aber um mehr als nur den Abbau von Warenzöllen. Die Verhandlungspartner wollten vielmehr „weltweite Maßstäbe für Gesundheits-, Verbraucher- und Umweltschutz setzen. Eine Absenkung der hohen europäischen Schutzstandards ist nicht zu befürchten.“

Genau das aber bezweifeln viele seriöse Kritiker quer durch die EU mit vielen guten Argumenten. Vor allem die Tendenz, berechtigte Vorbehalte als Unkenntnis zu diffamieren und abzutun, verstimmt. Verdächtig stimmt, dass die hoch umstrittene geheime Schiedsgerichtsbarkeit mit keinem Wort erwähnt wird.


Größtmögliche Transparenz – Vorbehalte teilweise aus Unkenntnis

Entscheidend für den Erfolg – so die Broschüre – sei „vor allem eine größtmögliche Transparenz der Verhandlungen – und der politische Wille, Vorbehalten gegen TTIP, die teilweise aus Unkenntnis resultieren, mit Aufklärung zu begegnen“. Die Bundesregierung setze dabei auf Dialog. Um die Vor- und Nachteile von TTIP diskutieren zu können, bedürfe es jedoch „belastbarer Fakten“.
Die Broschüre „Freier Handel – gut für alle. Zehn gute Gründe für TTIP“ setze sich mit den Vorbehalten auseinander, die in der Öffentlichkeit in Umlauf sind, und bringe Klarheit über Sinn und Zweck von TTIP.
Zehn gute Gründe für ein Freihandels-abkommen mit den USA

  1. Mehr Wachstum und Wohlstand: TTIP bringt für kleine und mittlere Unternehmen einen deutlichen Wachstumsschub. Für unsere exportorientierten mittelständischen Firmen sinken die Kosten. Industrie, Dienstleistungen, aber auch die Landwirtschaft können mit mehr Export rechnen. Beispielsweise erwartet die EU beim Kfz-Export in die USA eine Steigerung von rund 150 Prozent. Die Abschaffung der Handelshemmnisse lässt Einkommen und Steuereinnahmen steigen. Das zeigt die Erfahrung mit anderen Freihandelsabkommen: Kosten sinken, Preise fallen, Arbeitsplätze entstehen, die Kaufkraft der Einkommen nimmt zu. Durch die höhere Produktivität kann, so eine Studie, das reale Pro-Kopf-Einkommen in Deutschland und in der EU um rund 4,7 Prozent zunehmen. Der Gewinn für die Volks­wirtschaft in der EU kann sich in den nächsten zehn Jahren auf etwa 119 Milliarden Euro summieren.
  2. Mehr Jobs: Die USA sind für Deutschland schon heute der wichtigste Exportmarkt außerhalb Europas und zugleich der wichtigste Investitionsstandort deutscher Unternehmen. 2014 stiegen die deutschen Exporte in die USA um rund sieben Prozent auf 96 Milliarden Euro. Ein Freihandelsabkommen stärkt den Wettbewerb und bringt den Betrieben Vorteile: niedrigere Kosten, eine größere Produktvielfalt, mehr Absatz. Das schafft mehr Jobs. Das Freihandelsabkommen schafft nach Schätzungen in Deutschland bis zu 110.000 neue Jobs, in der EU rund 400.000.
  3. Mehr Investitionen: Zölle und Doppelregulierungen machen den Handel unnötig teuer. Allein die deutsche Autoindustrie muss jedes Jahr eine Milliarde Euro ausgeben, um Autos aus Deutschland in die USA exportieren zu können. Bei einem täglichen Handelsvo-lumen von rund zwei Milliarden Euro würde der Wegfall der Zölle Unternehmen wie Kunden viel Geld sparen.
  4. Weniger Bürokratie: Wenn Unternehmen ihre Waren in den USA und der EU verkaufen wollen, müssen sie heute unterschiedliche gesetzliche Regelungen beachten. Allein der bürokratische Aufwand verteuert Waren im Schnitt um 10 bis 20, Kosmetikprodukte um 35, Autos um 26 und Nahrungsmitteln und Getränke sogar um 57 Prozent. Einheitliche Regelungen und Vorschriften bringen echte Einsparungen für Unternehmen und Verbraucher.
  5. Größere Produktvielfalt – günstigere Preise: Ein Freihandelsabkommen hätte zur Folge: größere Auswahl für die Europäer, günstigere Preise für Produkte „made in USA“. Zum Beispiel sind Autos aus US-Produktion derzeit in der EU erheblich teurer als in den USA. Auch Lebensmittel werden günstiger; sie sind ohnehin in den USA oft preiswerter als bei uns.
  6. Sozial-, Umwelt- oder Verbraucherschutz-standards bleiben erhalten: Niemand muss Angst vor TTIP haben: Sowohl in der EU als auch in den USA gelten sehr hohe Anforderungen an Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln, Medikamenten und anderen Waren. Unternehmen haften, wenn ihr Produkt einen Schaden verursacht. Auch mit einem Freihandelsabkommen kann jedes Land seine eigene Risikobewertung vornehmen und seine Sicherheitsstandards festlegen. Es geht darum, unterschiedliche Normen und Zulassungsverfahren ohne Abstriche beim Verbraucherschutz anzunähern und bürokratische Hemmnisse zu verringern.


    Was ist mit Chlorhuhn und Hormonfleisch?
    TTIP wird weder die Einfuhr von Chlorhuhn noch von Hormonfleisch erlauben. Denn auch mit TTIP gilt: Geflügel- und Fleischimporte müssen den strengen europäischen Vorschriften entsprechen. Umgekehrt bedeutet das: Die Amerikaner müssen keinen französischen Rohmilchkäse essen.
    Wird die EU gezwungen, gentechnisch veränderte Nahrungsmittel einzuführen?
    Nein. Gentechnisch behandelte Lebensmittel unterliegen schon heute in der EU einer Zulassungs- und Kennzeichnungspflicht. Auch das wird sich nicht ändern.

  7. Vorreiter für gemeinsame Standards und Verbraucherschutz: Bei Standards könnten die USA und die EU gemeinsam welt-weit eine Vorreiterrolle übernehmen – etwa für Zukunfts-technologien wie die Elektromobilität oder die Nanotechno-logie. Eine gute Voraussetzung für Wachstum – und neue, zukunftssichere Arbeitsplätze bei uns.
  8.  Kulturelle Vielfalt: Der Schutz und die Förderung kultureller Vielfalt, von Medi­enfreiheit und Medienvielfalt sind unverzichtbare Teile des deutschen und europäischen Selbstverständnisses. Das Verhandlungsmandat sieht vor, dass das im Text des Abkom­mens auch unmissverständlich zum Ausdruck kommt. Das heißt: Weder die Buchpreisbindung noch die öffentliche Förderung von Kultureinrichtungen geraten in Gefahr.
  9. Selbstständige Daseinsvorsorge der Kommunen: Es wird auch keinen Zwang geben, öffentliche Dienstleis­tungen der Daseinsvorsorge – wie Wasserversorgung oder Müllabfuhr – zu privatisieren. Im Gegenteil: Dort, wo deut­sche Städte die Wasser- oder Abwasserbeseitigung, die Kran­kenhausversorgung oder die Kindergärten privatisiert haben, können sie das jederzeit rückgängig machen. Öffent­liche Auftraggeber dürfen ihre Vergabekriterien auch künftig selbst bestimmen. Soziale und ökologische Ge-sichtspunkte dürfen weiterhin Bestandteile öffentlicher Ausschreibungen sein.
  10. Stärkere Stimme Europas in der Welt: Deutschland und Europa haben durch ihre wirtschaftliche Bedeutung eine starke Stimme in der Welt. Aber in den kommenden Jahrzehnten werden Länder wie China, Indien und Brasilien immer mehr an wirtschaftlichem Gewicht gewinnen. Der Anteil der Europäer an der Weltbevölkerung und an der glo- balen Wirtschaftsleistung wird dagegen sinken. Deshalb brauchen wir starke Partner, die unsere Werte teilen. An erster Stelle die USA.

Häufig gestellte Fragen 

Was ist mit dem umstrittenen Investorenschutz? Allein Deutschland unterhält bereits über 130 Investoren­schutzabkommen. Die meisten sehen vor, dass Investoren bei Rechtsverletzungen Schiedsgerichte anrufen können. Hier strebt die Bundesregierung an, dass die EU TTIP als Chance für einen modernen Investitionsschutz nutzt. Die Freiheit des deutschen und europäischen Gesetzgebers darf dabei nicht beschnitten werden.
Sind EU-Normen zum Schutz der Verbraucher in Gefahr? Nein. Das Schutzniveau in der EU steht nicht zur Debatte. Aber Europa hat nicht immer die höheren Standards. In vielen Bereichen liegen die USA vorne – etwa bei der Verarbeitung von Fleischerzeugnissen sowie beim Einsatz von Antibiotika in der Biofleisch-Produktion. Ebenso bei Pharmazeutika und Elektrogeräten. Die Idee ist, Standards und Zertifizierungsverfahren bei gleich hohem Schutzniveau gegenseitig anzuerkennen und für neue Technologien neue Standards gemeinsam zu entwickeln.
Was ist mit dem Schutz geographischer Herkunftsangaben? Durch das Abkommen bleibt der Schutz solcher Angaben – wie etwa für den Schwarzwälder Schinken – in der EU in jedem Fall erhalten. Ziel ist es, den europäischen Schutz von Herkunftsangaben sogar auf den amerikanischen Markt auszudehnen. 12 Was ist mit den Geheimverhandlungen von Schiedsgerichten? Wir werden dafür sorgen, dass bei Klagen von Investoren große Transparenz besteht. Wir wollen TTIP für eine Reform des Investitionsschutzes nutzen – mit vernünftigen Regeln zur Auswahl kompetenter Richter, mit einer Berufungsinstanz und mit klaren Vorgaben zur Abgrenzung von Investitionsverfahren und nationalem Rechtsweg.
Werden nationale Parlamente bei der Gesetzgebung ü bergangen? Nein. Ein Regulierungsgremium von EU und USA soll die Zusammenarbeit zwischen den Partnern organisieren und Vorschläge für gemeinsame transatlantische Regeln erar­beiten. Zuständigkeit und Freiheit der nationalen Parlamente und des europäischen Gesetzgebers bleiben unangetastet.
Warum wird nicht alles veröffentlicht? Für erfolgreiche Verhandlungen ist eine gewisse Vertraulichkeit notwendig. Die Veröffentlichung von Verhandlungsstra­tegien würde unseren Interessen schaden. Vertreter von EU-Staaten und EU-Parlament können sich aber vorab über die Verhandlungsdokumente informieren. Auch Vertreter von Industrie und Zivilgesellschaft erhalten Einblick in Dokumente.
->Quelle: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Download)

Über den Autor:

Gerhard Hofmann

Gerhard Hofmann

Dr. Hofmann war bis 2008 TV-Redakteur, u.a. ARD-Korrespondent Südamerika und Chefreporter SWF, Chefkorrespondent n-tv und RTL. Als Chef der Agentur Zukunft, berät im Bereich der erneuerbaren Energien und Nachhaltigen Entwicklung, u.a. die Desertec Initiative Dii, das IASS Potsdam, acatech und die ...