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EU will im Herbst mit USA weiter über TTIP-Schiedsgerichte verhandeln

Euractiv aus Brüssel – Machnig verlangt „Konkretisierungen“

Cecilia Malmström - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur ZukunftEuractivDie EU-Kommission will die Verhandlungen mit den USA über die umstrittenen Schiedsgerichte im Zusammenhang mit der Freihandelspartnerschaft  TTIP im Herbst wieder aufnehmen. Deutschland und Frankreich begrüßten zwar den neuen Vorschlag der EU-Kommission zu den Schiedsstellen, forderten aber Nachbesserungen.

Im Streit um das geplante Freihandelsabkommen TTIP hat die zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malmström neue Vorschläge zu den umstrittenen Schiedsgerichten unterbreitet. (Foto: Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft)


Sie hoffe, dass Europa „später im Sommer einen Rechtstext“ vorlegen und danach in die Gespräche mit Washington gehen könne, sagte EU-Außenhandelskommissarin Cecilia Malmström am 07.05.2015 in Brüssel. Wenn es im Sommer einen guten europäischen Vorschlag gebe, könnten die Verhandlungen über das Thema mit den USA „im Herbst wieder eröffnet werden“, sagte Malmström zum Auftakt des Treffens der EU-Außenhandelsminister in Brüssel. Dort präsentierte sie ihren nachgebesserten Vorschlag zu den Schiedsstellen, nachdem die Verhandlungen darüber wegen massiver Proteste in Europa vorerst auf Eis gelegt worden waren.
Malmström will die Schiedsstellen stärker in Richtung normaler Gerichte entwickeln. Ihr Vorschlag sieht eine Berufungsinstanz vor, zudem soll vorab eine Vorauswahl der privaten Schlichter getroffen werden, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Außerdem soll es schärfere Kriterien für die Qualifikation der Schiedsleute geben. „Niemand hat Nein gesagt“, hieß es von Diplomaten nach den Ministerberatungen.
Matthias Machnig - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft0Staatssekretär Matthias Machnig aus dem Bundeswirtschaftsministerium sagte, Malmströms Papier sei ein erster Schritt „in die richtige Richtung“. Das vorliegende Papier sei aber „noch nicht einigungsfähig“. Es müsse „Konkretisierungen“ geben. Deutschland strebt laut Machnig einen permanenten „bilateralen Schiedsgerichtshof“ an, der allerdings keinen festen Sitz haben müsse. Forderungen Berlins an Malmström sind demnach unter anderem, Richter oder Akademiker als Schiedsleute vorzusehen und dies nicht Anwaltskanzleien zu überlassen, die womöglich in Interessenkonflikten stünden. Zudem müsse der nationale Rechtsweg immer Vorrang vor dem Schiedsgericht haben.
Machnig zufolge zeigte Malmström „eine gewisse Offenheit“ für die deutschen Forderungen. Er hielt seine Pressekonferenz gemeinsam mit dem französischen Außenhandelsstaatssekretär Matthias Fekl ab. Beide betonten, dass Berlin und Paris in der Frage sehr dicht beieinander lägen. Zum Zeitplan sagte Machnig, alle Seiten arbeiteten nun auf einen verbindlichen Rechtstext hin und hofften in einigen Wochen auf Fortschritte. Dabei sei der Inhalt aber „wichtiger als der Zeitplan“, sagte Fekl.
Malmström hat als „mittelfristiges Ziel“ in ihrem Konzept einen multilateralen Gerichtshof vorgeschlagen, der aber nicht mehr Teil von TTIP sein soll. Er soll dann für alle Streitigkeiten im Handels- und Investitionsbereich zuständig sein. Machnig sagte, dies würde Sinn machen, der Aufbau aber wohl zehn bis 15 Jahre in Anspruch nehmen.
BDI-Präsident Grillo: „Reformen im Investitionsschutz Voraussetzung für mehr Akzeptanz“

  • Deutsche Industrie fordert mehr Transparenz, Rechtssicherheit und Berufungsmechanismus
  • Investitionsgericht darf TTIP-Verhandlungen nicht verzögern

Der BDI begrüßte in einer Presseerklärung die neuen Vorschläge von EU-Kommission und Bundeswirtschaftsministerium im Investitionsschutz. „Wir freuen uns, dass die Politik jetzt wegweisende Reformen in Investitionsschutzabkommen vorantreiben will, von denen der BDI viele schon seit längerem fordert“ sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo am 07.05.2013 in Berlin anlässlich des EU-Handelsminister-Treffens. „Reformen sind dringend notwendig, um die Akzeptanz für Investitionsschutz zu steigern.“
Zu den zentralen Reformaspekten zählt für den BDI die Zusicherung des politischen Gestaltungsraums von Staaten. Außerdem müsse es mehr Transparenz in den Schiedsverfahren geben. Weitere Schritte seien die Einführung eines Berufungsmechanismus und die Präzisierung von Rechtsbegriffen. „Wir unterstützen auch den Vorschlag von EU-Kommission und Bundeswirtschaftsministerium, über Investitionsstreitigkeiten künftig in einem ständigen Investitionsgericht zu verhandeln“, sagte Grillo. „Über neue Institutionen sollte gesprochen werden, ohne die TTIP-Verhandlungen zu verlangsamen.“
Deutsche Industrieunternehmen sind über Direktinvestitionen im Ausland internationalen stark verflochten. Deshalb sei ein hohes Schutzniveau enorm wichtig. Zudem müsse gewährleistet sein, dass Investoren nach wie vor direkt als Streitpartei vor dem Gericht klagen können. Dabei sei es für Unternehmen wichtig, in Streitfällen weiterhin an der Zusammensetzung des Schiedsgremiums beteiligt zu werden.
->Quellen:

Über den Autor:

Gerhard Hofmann

Gerhard Hofmann

Dr. Hofmann war bis 2008 TV-Redakteur, u.a. ARD-Korrespondent Südamerika und Chefreporter SWF, Chefkorrespondent n-tv und RTL. Als Chef der Agentur Zukunft, berät im Bereich der erneuerbaren Energien und Nachhaltigen Entwicklung, u.a. die Desertec Initiative Dii, das IASS Potsdam, acatech und die ...