An-Institut der Stiftung Weltethos
an der Universität Tübingen

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Veröffentlichung von Missbräuchen wird strafbar

Geplante EU-Richtlinie stärkt Unternehmen gegen Journalisten und Whistleblower

„Kritische BürgerInnen ganz legal zum Schweigen bringen: Dieses Geschenk erwarten große Konzerne in Kürze vom EU-Parlament“, schreibt das Internetportal SumOfUs.org. Bald könnte die Position der Unternehmen durch die EU gestärkt werden: Mit der geplanten „EU-Richtlinie über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen” wird es nicht nur Journalistinnen und Whistleblower weiter erschwert, Missstände in Unternehmen aufzudecken. Europaparlament 20150610_233905Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse könnten zudem künftig solch eine große Priorität bekommen, dass keine Abwägung mehr mit öffentlichem Interesse stattfinden kann – Abgasskandale würden unentdeckt bleiben. Zudem könnten Verwaltungsmitarbeiter durch hohe mögliche Bußgelder davon abgeschreckt werden, Daten über Unternehmen zu veröffentlichen. Das Europäische Parlament wird am 13. April 2016 in erster Lesung über die Richtlinie beraten.
Der Titel „Richtlinie über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen” klingt harmlos, ist aber brandgefährlich. Unternehmensinterne Information werden damit vor Öffentlichkeit geschützt: Wer etwas verrät, dem drohen hohe Strafen. Das sind sehr schlechte Nachrichten für Wissenschaftler, Journalistinnen, Whistleblower und Arbeitnehmer — und für jeden, dem verantwortliches Konzernhandeln am Herzen liegt. Wir haben nur noch wenige Tage, um das Gesetz zu verhindern: Bereits am 14. April wird das EU-Parlament entscheiden.
Die Konzerne behaupten, die Richtlinie diene dem Schutz von wichtigen Geschäftsgeheimnissen. Was sie verschweigen: Der Verrat von Geschäftsgeheimnissen steht schon längst unter Strafe, und zwar in jedem EU-Land. In Wirklichkeit wollen sie sich demokratischer Kontrolle und juristischer Verantwortung entziehen.  Denn das neue Gesetz macht alles zum „Geschäftsgeheimnis”, fast jede unternehmensinterne Information wäre betroffen. Ob Steuerhinterziehung oder überschrittene Abgaswerte – mit dem neuen Gesetz können Konzerne noch härter gegen Menschen vorgehen, die ihre dunklen Machenschaften ans Licht bringen.

Geheimhaltungs-Gesetz soll Teil von TTIP werden

Die Krönung: Wenn das EU-Parlament für den Entwurf stimmt, soll die Richtlinie Teil von TTIP werden — und ist damit praktisch nicht rückgängig zu machen. Die Lobbyisten multinationaler Konzerne wie Nestlé und Intel haben jahrelang für dieses Gesetz Werbung gemacht, damit wir Bürger ihre Fehltritte nicht mehr an die Öffentlichkeit bringen können. SumOfUs.org versucht, gemeinsam mit anderen lobbykritische Bürgerbewegungen wie WeMove, Corporate Europe Observatory und Xnet  die Richtlinie zu verhindern.
logo_trade_secret_directiveSumOfUs.org ist eine weltweite Bewegung engagierter Menschen, die sich zusammen dafür einsetzen, dass Konzerne für ihr Handeln zur Verantwortung gezogen werden. Gemeinsam ebnen wir so den Weg für eine neue, nachhaltige Weltwirtschaft.
Quellen und mehr Informationen:

 

Über den Autor:

Gerhard Hofmann

Gerhard Hofmann

Dr. Hofmann war bis 2008 TV-Redakteur, u.a. ARD-Korrespondent Südamerika und Chefreporter SWF, Chefkorrespondent n-tv und RTL. Als Chef der Agentur Zukunft, berät im Bereich der erneuerbaren Energien und Nachhaltigen Entwicklung, u.a. die Desertec Initiative Dii, das IASS Potsdam, acatech und die ...