An-Institut der Stiftung Weltethos
an der Universität Tübingen

First slide

CETA-Abschluss mit sozialdemokratischer Handschrift

von Matthias Machnig, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
Matthias Machnig - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur ZukunftVor einem Monat haben EU-Kommissarin Malmström und die neue kanadische Handelsministerin Freeland den Abschluss der Rechtsförmlichkeitsprüfung des CETA-Abkommens bekanntgegeben. Damit konnten die seit 2009 andauernden Verhandlungen abgeschlossen werden. Und zwar mit Erfolg. Denn im europäisch-kanadischen Handelsraum wird ein öffentliches Handelsgericht strittige Fragen klären. Damit setzt das Abkommen Standards für einen modernen Investitionsschutz, wie sie von sozialdemokratischer Seite immer gefordert wurden. Das alte System der Investor-Staat-Streitbeilegung (ISDS) mit privaten Schiedsverfahren gehört der Vergangenheit an.
Zum jetzt erreichten reformierten Investitionsschutz gehören neben der Einrichtung eines Handelsgerichts mit von den Vertragsparteien ernannten Richtern, die den gleichen hohen Anforderungen wie am Internationalen Gerichtshof genügen müssen, und die nach ihrer Benennung nicht mehr parallel als Anwälte oder Gutachter in anderen Investitionsschutzverfahren arbeiten dürfen, auch eine Berufungsinstanz, transparente Verfahren und die Schaffung der Voraussetzungen für einen multilateralen Investitionsgerichtshof, der in naher Zukunft die bilateralen Investitionsgerichte ablösen soll.
Dieser Erfolg wäre ohne den großen Einsatz und das gute Zusammenwirken von sozialdemokratischen Kräften auf allen Ebenen nicht möglich gewesen: Im Europäischen Parlament, zwischen den Handelsministern, in der SPD-Fraktion und durch die intensive Diskussion und Unterstützung auf Parteiebene. Was wir jetzt bei CETA durchsetzen konnten, hatten viele Kritiker nicht für möglich gehalten.
Wir werden jetzt den gesamten Text gründlich prüfen und dann daran arbeiten, dass das Abkommen mit Zustimmung des Europäischen Rats und des Europäischen Parlaments demokratisch legitimiert wird und danach möglichst schnell, aber zunächst nur vorläufig angewandt werden kann. Denn wir sind uns im Kreise der EU-Mitgliedstaaten einig, dass CETA ein gemischtes Abkommen ist. Deshalb wird es in seiner Gesamtheit auch erst dann endgültig in Kraft treten, wenn auch die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten zugestimmt haben.
Wir werden unter Abwägung aller Vor- und Nachteile entscheiden, ob wir in einem EU-Ratsbeschluss gemeinsam mit den anderen Mitgliedstaaten der Unterzeichnung von CETA zustimmen. Nichts von dem, was den „European way of life“ ausmacht, darf zur Disposition stehen. Vor allem auch unsere öffentliche Daseinsvorsorge und unsere Kulturlandschaft müssen unangetastet bleiben. CETA soll zeigen, dass Freihandelsabkommen für uns nicht einfach ein Mittel zur Intensivierung von Handel sind, sondern die Chance auf Stärkung und Globalisierung hoher Umwelt-, Arbeits-, Gesundheits- und Verbraucherschutzstandards.
Die Vorzeichen dafür sind sehr gut. Denn zum Beispiel ist auch das „right to regulate“ bei CETA – in einem eigenen Artikel – explizit abgesichert. Wir betrachten CETA als wichtigen Baustein einer modernen Freihandelsarchitektur, die den internationalen Handel auf eine neue, nachhaltige Grundlage stellt und Standards stärkt. Das Abkommen ist zudem ein strategisches Element in unseren bilateralen Beziehungen zu einem wichtigen Freund und Bündnispartner sowie zur Förderung der transatlantischen Beziehungen.
Unser Erfolg als Soziale Marktwirtschaft beruht auf offenen Märkten mit klaren Regeln. Moderne Freihandelsabkommen wie CETA bieten die große Chance, diese Regeln zu gestalten. Dies insbesondere auch, weil die WTO-Handelsrunde stockt, die Welt sich aber weiter dreht und andere Länder und Regionen sich auf Handelsregeln verständigen. Dafür steht die Transpazifische Partnerschaft, die jüngst verhandelt wurde. Oder auch das Regionalabkommen, das China 2016 mit 15 Ländern abschließen wird. Gerade für uns Sozialdemokraten ist es wichtig, die Debatte und die Regelsetzungen zu bestimmen. Mit CETA ist das gelungen, in diesem Geiste muss auch TTIP folgen.
->Quelle: spd.de/matthias-machnig-ceta-abschluss-mit-sozialdemokratischer-handschrift

Über den Autor:

Gerhard Hofmann

Gerhard Hofmann

Dr. Hofmann war bis 2008 TV-Redakteur, u.a. ARD-Korrespondent Südamerika und Chefreporter SWF, Chefkorrespondent n-tv und RTL. Als Chef der Agentur Zukunft, berät im Bereich der erneuerbaren Energien und Nachhaltigen Entwicklung, u.a. die Desertec Initiative Dii, das IASS Potsdam, acatech und die ...