An-Institut der Stiftung Weltethos
an der Universität Tübingen

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Humanismus in der Literatur: Karl Josef Kuschel über das Beispiel Herman Hesses

Humanismus in der Literatur: Karl Josef Kuschel über das Beispiel Herman Hesses

Die Erschütterung des humanistischen Menschenbildes – Hermann Hesses Krisensommer 1919 und seine literarischen Folgen

Nach einem kontinuierlich Aufstieg als vielbeachteter Schriftsteller zwischen 1904 und 1916 gerät Hermann Hesses Leben ins Wanken. Bedingt durch die Erfahrungen des völkermordenden Weltkriegs und eine schwer familiäre Krise, ist Hesse gezwungen, sich tiefenpsychologischer Behandlung zu unterziehen. Die Erschütterung eines sich selbst vervollkommenen humanistischen Welt- und Menschenbildes ist beispiellos und spiegelt sich ab 1916 in neuen literarischen Texten  von „Demian“ bis „ Klingsor“ in einer Radikalität, die im bisherigen Werk von Hesse ohne Beispiel ist.

Zur Ringvorlesung:

Die Corona-Krise zwingt uns zur Besinnung auf das, was wirklich wichtig ist und in die Zukunft trägt. Dazu gehört die Menschlichkeit: Unter dem Druck der Krise erleben wir sie einerseits besonders intensiv und gerne als Mitmenschlichkeit, Hilfsbereitschaft und Sorge füreinander. Andererseits ist es mit dem „Gefühl des Wohlwollens für alle Menschen“ (Diderot) nicht weit her, wenn Menschen im Kampf um ihre Freiheit ihre eigenen Interessen rücksichtslos über die Ansprüche anderer stellen. So wird uns in der Krise bewusst, dass Menschlichkeit stets gefährdet und nie ganz gewonnen ist. Soll sie von Dauer sein, dann braucht Humanität stützende und schützende Formen in Halt und Haltung, in Konventionen und Kultur. In den großen religiösen und philosophischen, aber auch wissenschaftlichen Traditionen der Menschheit sind diese Formen der Menschlichkeit immer wieder kultiviert worden. In dieser Ringvorlesung des Weltethos-Instituts, des China-Zentrums Tübingen und des Erich-Fromm-Instituts wollen wir zur Besinnung darauf einladen, wie sie das machen – und was wir aus diesen Traditionen in den Zeiten der Pandemie und für das zukünftige menschliche Miteinander lernen können. Die Ringvorlesung findet als Zoom-Webinar statt. 

Zum Referenten:

Prof. Dr. Dr. hc. Karl-Josef Kuschel lehrte von 1995 bis 2013 Theologie der Kultur und des interreligiösen Dialogs an der Fakultät für Katholische Theologie der Universität Tübingen. Zugleich war er stellvertretender Direktor des Instituts für ökumenische und interreligiöse Forschung der Universität Tübingen und ein langjähriger Wegbeleiter von Prof. Dr. Hans Küng.

2015 wurde Kuschel in den Stiftungsrat zur Vergabe des Friedenspreises des deutschen Buchhandels und Wahl zum Präsidenten der Internationalen Hermann Hesse Gesellschaft berufen. Seit 2019 ist er Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. Forschungen und Publikationen zur „Theologie der Kultur“ mit dem Schwerpunkt: Religion und Literatur sowie zur „Theologie des interreligiösen Dialogs“ mit dem Schwerpunkt: Judentum, Christentum, Islam sowie zum Thema „Weltreligionen im Spiegel der Literatur“.

Foto: Hajo Schumerus

Datum: 05.07.2021
Veranstaltungsort: Zoom-Veranstaltung
Uhrzeit: Von 18:15 bis 19:30