Können wir so weitermachen wie bisher oder wird die Digitalisierung unsere Art des Organisierens und Verantwortens, ja generellen Zusammenwirkens und Kommunizierens so grundsätzlich verändern, dass wir ein neues Paradigma und Selbstverständnis des Führens und Leitens brauchen? Wenn ja, welcher Leadership-Ansatz entspricht nicht nur den funktional erforderlichen Notwendigkeiten von Teams, Unternehmen und Gemeinwesen, sondern auch den normativ-ethischen Erwartungen an eine nachhaltige Entwicklung unserer Wirtschaft, Gesellschaft und Politik?
Das Seminar „Digital Leadership“ von Dr. Raban Fuhrmann fand im Sommersemester 2019 bereits zum 2. Mal statt. Es beschäftigt sich mit fünferlei Aspekten von Führung: 1. Führen in digitalen Zeiten, 2. Führen mittels digitaler Techniken, 3. Führen wie in der Digitalbranche, 4. den Lead (Spitze) im digitalen Wandel behalten und sogar, 5. die Führung über die Digitalisierung. Ziel ist, ein Grundverständnis und Einblicke in diese Herausforderungen zu bekommen. Führungsszenarien sollen durchgespielt werden, die Fragen aufwerfen wie zum Beispiel, ob und wie Künstliche Intelligenz selbst Leadership-Rollen übernehmen kann und wie diese dann wiederum selbst zu führen ist. Externe Expertise in Form von Gastrednern und eine Exkursion versprechen Einblicke, wie Führung im und für das Digitale Zeitalter im weltethischen Sinne sich weiterzuentwickeln hat, damit wir durch das Digitale auch weiterhin die Digitalisierung führen.
Der Kurs im laufenden Semester hatte einen intensiven Auftakt. Knapp 40 Studierende gingen in 13 Fall-Teams an den Start. Nach einem ersten Einstieg in Leadership folgte die Gast-Präsentation von Dr. Jan-Arne Gewert von Gewert Consulting. Insbesondere die Frage, ob und wie weit KI bereits führen kann/tut und was künftig denkbar/plausibel wäre, interessierte die Anwesenden sehr.
Dr. Gewert enttäuschte die Erwartungen nicht. Sein spannender Input-Vortrag begann mit einem Rückblick, denn – so Gewert – „in vielen Bereichen sind Menschen es bereits gewohnt, dass Arbeit wesentlich von Maschinen bestimmt wird. Wir nennen es zwar nicht Führung, doch der Mensch hat faktisch nichts zu sagen.“ Das Thema „agil führen, so wie digitale Unternehmen“ wurde beleuchtet. Mit einem Exkurs warf er die Frage auf, ob wir Menschen die Wirklichkeit tatsächlich so gut erfassen, wie wir oft glauben. Vielleicht können moderne Maschinen uns helfen Dinge nicht zu übersehen oder besser zu verstehen? Dann durften die Teilnehmer selbst in einem kleinen Experiment die Schwächen der Auswertungen mit modernen Algorithmen herausfinden. Den Abschluss machte der Future Cone von Joseph Voros. Besonders spannend, da praxisnah: Für den Stand der Technik und die nahe Zukunft dienten anonymisierte Beispiele aus Gewerts aktuellen Kundenprojekten als Anschauungsmaterial.
Am Nachmittag und Tag 2 präsentierten die Studierende eigene Szenarien, teils bühnenreif vorgespielt. Teil 2 des Blockseminars findet Ende Juni im Institut statt. Nicht nur die Studierenden sind gespannt.
Eine Aufarbeitung in der Initiative „F + X: Führung + X“ der Karl Schlecht Stiftung soll folgen.
Text: Raban Fuhrmann, Jan-Arne Gewert
Fotos: Felix Müller, WEIT