Malmström: Investitionsgerichtshof (ICS) großer Erfolg – doch Kritikpunkte an Investionsschutz keineswegs ausgeräumt
Am 02.03.2016 gab EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström das Ende der Nachverhandlungen über das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen CETA bekannt. Malmström feierte dabei als großen Erfolg, dass sie einen Investitionsgerichtshof (ICS) in dem Abkommen verankern konnte. Doch damit sind die Kritikpunkte an dem umstrittenen Investionsschutz in CETA keineswegs ausgeräumt – so eine Mitteilung des Umweltinstituts München.
Warum kam es zu Nachverhandlungen?
Die Kommission steht unter enormen Druck, denn die Ablehnung von CETA und TTIP wird immer größer. Besonders umstritten ist der Investitionsschutz, der einseitige Sonderrechte für internationale Konzerne schaffen soll. Um die Chancen des CETA-Abkommens im Europäischen Parlament zu verbessern, bat Malmström die erst im Oktober 2015 neu gewählte kanadische Regierung um Nachverhandlungen in diesem Bereich.
Doch eine Reform des Investitionsschutzes ist nicht das, was die Menschen wollen: Bei einer Konsultation der EU-Kommission im Jahr 2014 gaben 97 Prozent der Teilnehmenden an, dass sie überhaupt keinen Investitionsschutz in Handelsabkommen wollen.
Was ist die Kritik am bisherigen Investitionsschutz?
Mit dem Investitionsschutz würden internationale Konzerne prozedurale und materielle Sonderrechte erhalten: Prozedurale Sonderrechte, weil nur sie klagen können und lokale Unternehmen oder einfachen BürgerInnen dieser Weg nicht offensteht. Materielle Sonderrechte, weil das darin enthaltene Konstrukt der „indirekten Enteignung“ nirgendwo sonst zu finden ist. Dieses Konstrukt ist zudem an und für sich indiskutabel. Es erweitert den Eigentumsbegriff auf Kosten der Gestaltungsfähigkeit der Demokratie. Dem bisherigen Investitionsschutz fehlen zudem rechtsstaatliche Verfahren, unter anderem weil die Schiedsverhandlungen oft geheim sind, es keine Berufungsmechanismen gibt, die RichterInnen in solchen auch als AnwältInnen arbeiten können und ein hohes finanzielles Interesse an den Verfahren haben. Außerdem fehlt den Schiedsverfahren die in staatlichen Gerichten vorgesehene Abwägung von Rechtsgütern und Interessen: Geschützt werden einzig und allein Investitionen. Kritisiert wird außerdem, dass Investitionsschutzfälle sehr hohe Summen an Steuergeldern kosten können und dieser Umstand von Unternehmen als Drohung gegen geplante politische Vorhaben genutzt werden kann.
Was ändert sich durch den Investitionsgerichtshof wirklich?
Malmströms Reform geht nur einen Teil der Probleme an, die sich aus mangelnder Rechtsstaatlichkeit ergeben: Die Verfahren werden transparenter, die RichterInnen von den Staaten ausgewählt und ausgebildet und es wird Berufungsmechanismen geben. Doch alle anderen Kritikpunkte werden von der Reform nicht einmal berührt.
Vor einem solchen Investitionsgerichtshof könnten multinationale Unternehmen noch immer Staaten auf Schadenersatz verklagen, sollten diese politische Entscheidungen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger treffen: Pestizidverbote, ein Ausstieg aus der Atomkraft oder ein Frackingverbot könnten die betreffenden Staaten dann teuer zu stehen kommen. Auch der reformierte Investitionsschutz schafft prozedurale und materielle Sonderrechte für Konzerne, die in Fällen wie diesen ihre Interessen auf Kosten der Allgemeinheit durchdrücken könnten.
„Der neue Investitionsgerichtshof ist also kein großer Wurf, sondern kratzt nur an der Oberfläche. Ein Abkommen, das diese Regeln enthält, darf nicht ratifiziert werden!“ …so das Umwelt-Institut.
Wie geht es weiter? Das plant die EU-Kommission
Nach dem Ende der Nachverhandlungen will die Kommission das Abkommen im Juni dem Europäischen Rat vorlegen. Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass bis dahin auch die Übersetzung in alle 24 Amtssprachen abgeschlossen ist. Nach der Sommerpause könnte sich dann das Europäische Parlament mit CETA beschäftigen. Zur Abstimmung im Plenum des Parlaments kommt es nach diesem Zeitplan frühestens Ende des Jahres. Allerdings sind Zeitpläne der EU-Kommission stets mit Vorsicht zu genießen, sie verzögern sich häufig oder werden plötzlich beschleunigt.
Nach der Abstimmung auf europäischer Ebene müssen auch die Parlamente der Mitgliedsstaaten dem Abkommen zustimmen. Die EU-Kommission sieht das zwar anders, hat aber kaum eine Chance, sich mit ihrer Position durchzusetzen.
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