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Schweiz: Grundeinkommen durch Mikrosteuer finanzieren

„Grundeinkommen wäre in der Schweiz umsetzbar“

Schweizer Handelszeitung - LogoEine Initiative will ein bedingungsloses Grundeinkommen in der Schweiz einführen – mit einer Monatszahlung an jeden Bürger von rund 2.500 Franken. Gute Idee oder Schwachsinn? Alle Hintergründe hat die Handelszeitung, u.a. in einem Interview von Caroline Freigang mit dem Zürcher Finanzprofessor Marc Chesney. Er will dafür stimmen, denn er hält die Idee für realisierbar – unter einer Bedingung.
Chesney  befürchtet, dass die fortschreitende Automatisierung und Digitalisierung Millionen Arbeitsplätze weltweit gefährden. Normalerweise sollte es Freizeit erzeugen, wenn die Produktivität steige, argumentiert er. Heute jedoch führe das aber „weltweit entweder zu Arbeitslosigkeit oder Unterbeschäftigung – vor allem weil das Wirtschaftswachstum im Verhältnis zur Steigerung der Produktivität oft nicht ausreichend ist“ –  ernennt das „das Paradoxon einer immer produktiveren Gesellschaft, die zur selben Zeit Armut erzeugt“. Eine zivilisierte und demokratische Gesellschaft müsse aber Lösungen für dieses Problem finden – sonst sei sie in Gefahr.
Chesney erklärt das Paradoxon: „Durch die höhere Produktivität entsteht eine wachsende Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage. Das Angebot wird durch die Automatisierung immer effizienter werden, aber die Nachfrage wird gleichzeitig leiden. Soweit ich weiß, gehen Roboter nicht ins Restaurant, ins Kino oder in die Ferien. Sie verbrauchen nichts außer einer großen Menge Energie. Arbeitslose oder Unterbeschäftigte würden gerne mehr konsumieren, können aber nicht. Hier brauchen wir kreative Ideen und das Grundeinkommen wäre eine gute Lösung, um dieses Paradoxon zu lösen.“ Allerdings folgt für den Ökonomen daraus nicht, dass er das Grundeinkommen bedingungslos  empfiehlt. Er hält es in der Schweiz zwar für umsetzbar,  aber ohne die richtige Finanzierung sei das Projekt schwach. Es würde circa 200 Milliarden Franken kosten. Chesney ist dagegen, „diese Summe durch eine höhere Mehrwertsteuer eintreiben zu wollen. Es gibt schon genug Steuern. Ich finde die Idee einer Mikro-Steuer deutlich überzeugender.“
Chesneys Vorschlag: Durch die Besteuerung der in der Schweiz getätigten elektronischen Transaktionen im Wert von circa 100 Billionen Franken (160 Mal das Bruttoinlandprodukt der Schweiz) mit 0,4 Prozent könnten alle Steuern automatisch bezahlt und das Grundeinkommen finanziert werden. Ein Vorschlag des Zürcher Finanzunternehmers Felix Bolliger. Die Reichen tätigten proportional mehr Transaktionen, würden also proportional mehr Steuern zahlen. Dadurch entstehe eine natürliche Progression. Wer weniger konsumiere und weniger Finanzgeschäfte tätige, für den „wäre das Leben mit der Mikro-Steuer viel billiger als zur Zeit“, so der Finanzprofessor.
Marc Chesney ist Professor am Institut für Banking und Finance an der Universität Zürich. Er forscht intensiv auf dem Gebiet Sustainable Finance zum Thema Verantwortung und Fairness auf dem Finanzplatz. Er ist Mitglied von Kontrapunkt und Autor des Buches „Vom Grossen Krieg zur permanenten Krise“.

->Quellen und komplettes Interview: handelszeitung.ch/grundeinkommen-waere-der-schweiz-umsetzbar

Über den Autor:

Gerhard Hofmann

Gerhard Hofmann

Dr. Hofmann war bis 2008 TV-Redakteur, u.a. ARD-Korrespondent Südamerika und Chefreporter SWF, Chefkorrespondent n-tv und RTL. Als Chef der Agentur Zukunft, berät im Bereich der erneuerbaren Energien und Nachhaltigen Entwicklung, u.a. die Desertec Initiative Dii, das IASS Potsdam, acatech und die ...