An-Institut der Stiftung Weltethos
an der Universität Tübingen

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Die wahren Spritkosten

Benzin müsste um 90 Cent höher liegen, wenn Externalisierung offengelegt würde
Laut ADAC war 2014 das seit langem günstigste Tankjahr. Das Überangebot von Fracking-Erdöl aus den USA, hartnäckig weiter fördernde Ölländer wie Saudi-Arabien und die insgesamt geringe globale Nachfrage sind die Gründe für den Preisrutsch an den Zapfsäulen. Doch ist dieser Preis ehrlich? Das Online-Magazin Green Wiwo berichtet über eine Modellberechnung des US-Wissenschaftlers Drew T. Shindell von der Duke Nicholas School of the Environment, der zufolge Sprit wesentlich teurer sein müsste.
In Wirklichkeit zahlen die Tankenden nämlich wesentlich mehr für den Sprit, als die Zapfsäule anzeigt. Denn Drew Shindell hat berechnet, was Benzin (in den USA) kosten müsste, wenn darin auch Umwelt- und Gesundheitskosten, sogenannte Externalisierungen, enthalten wären. In seiner sowohl in der Fachzeitschrift Climatic Change, auf der Webseite der Duke-Iniversität*) und im berühmten Wirtschaftsmagazin Forbes („Study: You’re Really Paying More Than $6 Per Gallon for That Gas“) veröffentlichten Analyse kommt er nämlich zu dem Ergebnis, dass ein Liter Benzin umgerechnet etwa 90 Eurocent teurer sein müsste, Diesel kostete 1,10 Euro mehr, während sich der Preis für Erdgas verdoppeln und für Kohlestrom sogar vervierfachen würde. Gleichzeitig würde Solar- und Windenergie billiger.
„Wir glauben nur zu wissen, was Energie aus fossilen Quellen kostet. Aber die Auswirkungen auf das Klima und unsere Gesundheit sind viel größer als wir annehmen“, sagt Shindell. „Wir fällen Entscheidungen auf Basis irreführender Annahmen.“

Shindells Abstract auf paperity.org: The social cost of Atmospheric Release
I present a multi-impact economic valuation framework called the Social Cost of Atmospheric Release (SCAR) that extends the Social Cost of Carbon (SCC) used previously for carbon dioxide (CO2) to a broader range of pollutants and impacts. Values consistently incorporate health impacts of air quality along with climate damages. The latter include damages associated with aerosol-induced hydrologic cycle changes that lead to net climate benefits when reducing cooling aerosols. Evaluating a 1 % reduction in current global emissions, benefits with a high discount rate are greatest for reductions of co-emitted products of incomplete combustion (PIC), followed by sulfur dioxide (SO2), nitrogen oxides (NOx) and then CO2, ammonia and methane. With a low discount rate, benefits are greatest for PIC, with CO2 and SO2 next, followed by NOx and methane. These results suggest that efforts to mitigate atmosphere-related environmental damages should target a broad set of emissions including CO2, methane and aerosol/ozone precursors. Illustrative calculations indicate environmental damages are $ 3.80 per gallon of gasoline, $ 4.80 per gallon for diesel. These results suggest that total atmosphere-related environmental damages plus generation costs are much greater for coal-fired power than other types of electricity generation, and that damages associated with gasoline vehicles substantially exceed those for electric vehicles. –
Ich stelle unter dem Titel „Soziale Kosten des atmosphärischen Ausstoßes“ (Social Cost of Atmospheric Release – SCAR) eine ökonomisch-systemische Bewertung der vielfältigen Auswirkungen vor, welche die früher für CO2 verwendeten sozialen Kosten des Kohlenstoffs (Social Cost of Carbon – SC) um ein breiteres Spektrum von Schadstoffen und Auswirkungen erweitert. Die Werte enthalten konsequent die Gesundheitsfolgen von Luftqualität zusammen mit Klima-Schäden. Letztere schließen Schäden ein, die mit Aerosol-induzierten Änderungen des Wasserhaushalts assoziiert werden, die zu Netto-Klimanutzen führen , wenn kühlende Aerosole verringert werden. Wenn man eine Reduktion von 1 % der aktuellen weltweiten Emissionen untersucht, ist der größte Nutzen bei hoher Abzinsungsrate (benefits with a high discount rate) zu erwarten für Reduzierungen von mit-emittierten Substanzen der unvollständigen Verbrennung (products of incomplete combustion – PIC) wie Schwefeldioxid (SO2), Stickoxide (NOx) und dann CO2, Ammoniak und Methan. Mit einem niedrigen Diskontsatz sind die Vorteile am größten (with a low discount rate, benefits are greatest) bei PIC für CO2 und SO2, gefolgt von NOx und Methan. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Bemühungen um eine Minderung der Umweltschäden in der Atmosphäre eine breite Palette an Emissionen einschließen sollten, wie CO2, Methan und Aerosol/Ozon-Vorläuferstoffe. Beispielhafte Berechnungen zeigen nun, das die Umweltschäden pro Gallone Benzin $ 3,80 und $ 4,80 pro Gallone Diesel betragen. Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Erzeugungskosten und die Umweltschäden für die Gesamtatmosphäre viel größer für Kohlestrom als für andere Arten der Stromerzeugung sind, und dass mit Benzinfahrzeugen verbundene Schäden erheblich über denen für Elektrofahrzeuge liegen. (eigene Übersetzung)

*) Die Duke-Universität in Durham, North Carolina, gilt als eine der renommiertesten amerikanischen Universitäten. Als südlichste der US-Eliteuniversitäten an der Ostküste wird sie auch „Harvard of the South“ genannt. Duke ist gilt als eine der zehn bis 20 „besten“ Universitäten der Welt. (wikipedia).
->Quelle und ganzer Artikel:

  • green.wiwo.de
  • Originalartikel: „The Social Cost of Atmospheric Release,“ Drew T. Shindell. Climatic Change, Feb. 26, 2015. DOI: 10.1007/s10584-015-1343-0.

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Über den Autor:

Gerhard Hofmann

Gerhard Hofmann

Dr. Hofmann war bis 2008 TV-Redakteur, u.a. ARD-Korrespondent Südamerika und Chefreporter SWF, Chefkorrespondent n-tv und RTL. Als Chef der Agentur Zukunft, berät im Bereich der erneuerbaren Energien und Nachhaltigen Entwicklung, u.a. die Desertec Initiative Dii, das IASS Potsdam, acatech und die ...