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Euractiv: Steht TTIP auf der Kippe?

97 Prozent gegen Schiedsgerichte
TTIP rückt in weite Ferne. Nach dem Widerstand in einer Online-Konsultation gegen Klauseln des Investorenschutes (ISDS) will die EU-Kommission die Verhandlungen daüber vorerst nicht wieder aufnehmen.
97 Prozent der zum Investorenschutz eingegangen 150.000 Antworten waren ablehnend. „Aus der Konsultation geht klar hervor, dass gegenüber dem Instrument der ISDS äußerste Skepsis herrscht“, sagte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, die für die EU die Verhandlungen mit den USA leitet. Kritiker fürchten Rückschläge beim Verbraucherschutz, weil europäische Umweltschutz- und Lebensmittelgesetze durch internationale Schiedsgerichte ausgehebelt werden könnten.

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström - Foto © ECEU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hat die Ergebnisse der Konsultation zum Investitionsschutz im Handelsabkommen TTIP vorgestellt – Foto © EC


Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel forderte die EU-Kommission auf, aus den Ergebnissen der Online-Konsultation Konsequenzen zu ziehen. Auf Basis von deren Ergebnissen solle sie nun einen Vorschlag vorlegen. Gabriel hatte wiederholt erklärt, er könne sich ein Abkommen ohne Investorenschutz-Regeln vorstellen. Der BDI forderte die EU-Kommission auf, als Folgerung den Investitionsschutz umfassend zu modernisieren. Allerdings warnte BDI-Präsident Ulrich Grillo davor, das Thema ganz aus dem Abkommen zu streichen. „Investitionsschutzverträge sind unverzichtbar für die weltweit aktive deutsche Wirtschaft.“
Die EU-Kommission hatte angesichts einer wachsenden Protestwelle im Frühjahr vergangenen Jahres die Verhandlungen zu diesem Thema ausgesetzt. Kritik war vor allem aus Deutschland gekommen. Auch nach der Online-Konsultation bleibt offen, wann wieder über die umstrittenen Punkte gesprochen wird. Malmström machte deutlich, bevor die Kommission politische Empfehlungen zum weiteren Vorgehen abgebe, werde es noch Beratungen mit dem EU-Parlament, den EU-Staaten und anderen Interessengruppen wie Gewerkschaften, Verbraucherschützern und Unternehmen geben. Diese will sie Ende Februar aufnehmen.
IG Metall-Chef Wetzel und der Präsident der Berliner Akademie der Künste, Staeck, hatte sich Ende Oktober in einer gemeinsamen Erklärung gegen TTIP gewandt. Neben der Schiedsgerichtsbarkeit wiesen sie besonders auf kulturelle Aspekte hin. „Es genügt nicht, Kultur und Medien und damit lediglich den Status Quo der audiovisuellen Dienstleistungen aus dem Verhandlungsmandat auszuklammern, wenn nicht gleichzeitig die rasanten Entwicklungen in diesem Sektor berücksichtigt werden. Internetbasierte Mediendienste wie Google, die einer rein wirtschaftlichen Logik folgen, könnten so zu einem Einfallstor in den Kultur- und Medienbereich werden. Konzerne wie Amazon könnten ungehindert auf dem Wege zum Monopol die Verlagslandschaft weiter schädigen und die Buchpreisbindung aushebeln.“
Vom Freihandel erhoffen sich beide Seiten erhebliche Wachstumsimpulse, weswegen sich unter anderem die deutsche Exportwirtschaft dafür einsetzt. Doch diese angeblichen Impulse sind stark umstritten, werden vielfach angezweifelt.
Auch die Internationale Handelskammer (ICC) bekräftigte, die Regelungen zum Schiedsverfahren zwischen Investoren und Staaten müssten Teil des Abkommens werden. Vergleichbare Regelungen mit anderen Ländern hätten in der Vergangenheit nicht dazu geführt, dass die staatliche Regulierungshoheit unterlaufen oder beschränkt wurde, argumentierte der deutsche ICC-Generalsekretär Oliver Wieck.
Dagegen begrüßten TTIP-Kritiker den Ausgang der Online-Debatte. „Das Ergebnis der Konsultation spricht eine deutliche Sprache“, sagte Karl Bär, der Sprecher der selbstorganisierten Europäischen Bürgerinitiative Stop TTIP.
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Über den Autor:

Gerhard Hofmann

Gerhard Hofmann

Dr. Hofmann war bis 2008 TV-Redakteur, u.a. ARD-Korrespondent Südamerika und Chefreporter SWF, Chefkorrespondent n-tv und RTL. Als Chef der Agentur Zukunft, berät im Bereich der erneuerbaren Energien und Nachhaltigen Entwicklung, u.a. die Desertec Initiative Dii, das IASS Potsdam, acatech und die ...