An-Institut der Stiftung Weltethos
an der Universität Tübingen

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Foodwatch zu TTIP

Thilo Bode (Foodwatch) schreibt:
„Wenn wir die Chancen eines freien Handels mit dem riesigen amerikanischen Markt nutzen wollen, können wir nicht mehr jede Wurst und jeden Käse als Spezialität schützen.“ Das hat Agrarminister Schmidt kürzlich in einem Spiegel-Interview erklärt (siehe auch: blog.ethisch-oekologisches-rating.org/der-landwirtschaftsminister-verspricht) und damit die Katze aus dem Sack gelassen: Thilo Bode, Foodwatch - Foto © FoodwatchNatürlich wird TTIP – entgegen anderslautender Beteuerungen der Bundesregierung – zur Aufweichung der Qualitätsstandards auf dem Lebensmittelmarkt in Deutschland führen. Aber das ist leider noch lange nicht alles. Das eigentliche Problem ist: Das Freihandelsabkommen TTIP ist ein Angriff auf unsere Demokratie! Dies unterscheidet TTIP von allen anderen Freihandelsabkommen davor. Und das besorgt mich zutiefst.
Erklärtes Ziel des Abkommens ist es, Vorschriften zu beseitigen, die den transatlantischen Handel behindern. Es sollen vermeidbare Kosten für Unternehmen eingespart werden. Das können technische Vorschriften sein, zum Beispiel unterschiedliche Schraubenlängen und Blinkerfarben für Autos, aber eben auch die Spezialitäten-Kennzeichnung von Lebensmitteln, die in Europa anders gehandhabt wird als in den USA. Dieser Unterschied erschwert den Verkauf von amerikanischen Lebensmitteln nach Europa  – und kann deshalb als „Handelshemmnis“ bezeichnet werden.
Handelshemmnisse abzuschaffen wäre grundsätzlich ja nichts Schlechtes. Aber die Gefahr ist folgende: Nestlé, Unilever und Co., aber auch Agrar-Konzerne wie Monsanto diesseits und jenseits des Atlantiks, haben überhaupt kein Interesse, die Verhältnisse in der Landwirtschaft und auf dem Lebensmittelmarkt zum Schutz der Verbraucher zu verbessern. Und die sind beiderseits des Atlantiks schlecht: Gülle und Trinkwasserverschmutzung, massiver Einsatz von Pestiziden und Antibiotika, sowie tierquälerische Massentierhaltung einerseits, zu fette, salzige, süße Nahrungsmittel und Irreführung der Verbraucher andererseits.
Doch zukünftige Gesetze, die diese verheerenden Zustände beseitigen, könnten erfolgreich abgeschmettert werden mit dem Argument, man dürfe die Handelsinteressen des Partners nicht verletzen.
Die Folge: Wir werden entmachtet!
Wie ist das möglich, werden Sie jetzt fragen: TTIP ist ein völkerrechtliches Abkommen. Gesetze, die die EU nach Inkrafttreten des TTIP-Vertrages beschließt, dürfen deshalb den Bestimmungen von TTIP nicht widersprechen.
Würde die EU zum Beispiel die Einführung der Lebensmittelampel beschließen, obwohl der TTIP-Vertrag diese Kennzeichnungsform bereits verboten hat, verstieße die EU damit gegen das Völkerrecht. Die Folge wären Klagen und Vertragsstrafen! Und damit wäre die Ampel ein für alle Mal vom Tisch! Auch eine verbindliche Verbesserung der Tierhaltung oder die Einführung einer aussagekräftigen Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln – um nur einige Beispiele zu nennen – könnten wir uns dann endgültig abschminken.
Freihandel ja, Abwicklung der Demokratie: Nein!
Nicht nur in Deutschland, sondern auch mit unseren foodwatch-Büros in Frankreich und den Niederlanden wehren wir uns gegen TTIP. Als Teil der Europäischen Bürgerinitiative gegen TTIP sammeln wir Unterschriften, geben Expertisen in Auftrag und bereiten die komplexen Inhalte des Abkommens auf.
Es kann doch nicht sein, dass wir Fortschritte im Verbraucherschutz von der Zustimmung eines Handelspartners abhängig machen! Das werden wir nicht zulassen. Sonst können wir gleich unsere Abgeordneten in Rente schicken, die Parlamente schließen und die Regierungsgeschäfte Siemens, Volkswagen und Monsanto übertragen. Damit dies nicht passiert, müssen wir uns wehren.
->Quelle: foodwatch.org – und foodwatch.org/freihandelsabkommen

Über den Autor:

Gerhard Hofmann

Gerhard Hofmann

Dr. Hofmann war bis 2008 TV-Redakteur, u.a. ARD-Korrespondent Südamerika und Chefreporter SWF, Chefkorrespondent n-tv und RTL. Als Chef der Agentur Zukunft, berät im Bereich der erneuerbaren Energien und Nachhaltigen Entwicklung, u.a. die Desertec Initiative Dii, das IASS Potsdam, acatech und die ...