An-Institut der Stiftung Weltethos
an der Universität Tübingen

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Was kann und soll die EZB in der Klimakrise beitragen?

Die Weltethos-Forschungsgruppe setzt bei ihrer Tagung an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main kritische Akzente. Hier finden Sie die Beiträge auf YouTube.

Die neue Strategie der Europäischen Zentralbank stand im Mittelpunkt einer wissenschaftlichen Tagung der Weltethos-Forschungsgruppe Finanzen und Wirtschaft am 13. Oktober in der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Expertinnen und Experten diskutierten unter dem Titel „Die Europäische Zentralbank und ihre Rolle in einem nachhaltigen Finanzsystem – Probleme und Chancen“ die geld- oder finanzpolitischen Instrumente, mit denen vor allem auch ökologische Ziele erreicht werden können.

Nach dem Grußwort des Präsidenten der Universität Prof. Enrico Schleiff gab Mitgründer der Forschungsgruppe Prof. Johannes Hoffmann einen Überblick über die Nachhaltigkeitssituation im Finanzmarkt. Im Anschluss stellte Pressesprecher Peter Ehrlich als Vertreter der EZB deren Nachhaltigkeitsstrategie vor. Es schloss sich eine kritische Reflexion der Glaubwürdigkeit der EZB-Nachhaltigkeitsstrategie von Prof. Harald Bolsinger und Jens Minnemann an. In diesem Beitrag stand besonders die Petition Prof. Bolsingers im Zentrum, nach der die EZB ausschließlich menschenrechtskonforme Investments tätigen darf. Eine Diskussionsrunde, moderiert von Dr. Bernd Villhauer, beleuchtete die strategischen Fragen weiter.

Einen Höhepunkt stellte das Club of Rome-Panel, insbesondere mit den Beiträgen von Dr. Mamphele Ramphele und Peter Blom dar. Dr. Ramphele brachte als Ko-Präsidentin des Club of Rome, als Aktivistin und ehemalige Geschäftsführerin der Weltbank, eine globale Perspektive ein, während Blom (Vorsitzender des Rethinking Finance Hub im Club of Rome) von seinen Erfahrungen als CEO der Triodos Bank berichtete. Moderiert wurde das Panel von Dr. Ndidi Nnoli-Edozien, die als Mitglied im Vorstand der Forschungsgruppe und als Mitglied beim Club of Rome dabei auch einen Schwerpunkt auf die Sozial- und Kulturverträglichkeit von Finanzgeschäften setzte.

Nach der Mittagspause folgte der Vortrag von Dr. Dirk Ehnts vom Institute for International Political Economy in Berlin zur Modern Monetary Theory (MMT). Ehnts‘ Fokus lag dabei auf der Frage, welche Schuldenpolitik für die Nachhaltigkeitswende notwendig wird.

Über Kreditvergabe-Kriterien und Nachhaltigkeitsprogramme von Banken drehte sich auch der anschließende Vortrag von Dr. Fritzi Köhler-Geib, genauer zur Rolle der KfW in einem nachhaltigen Finanzsystem. Die Chefvolkswirtin der Bank ermöglichte konkrete Einblicke in die Praxis der Bank, die sich um eine ganzheitliche Inblicknahme von Nachhaltigkeitskriterien bemüht.

Eine zweite Diskussionsrunde, moderiert von Benedikt Hoffmann, beleuchtete dann die praktischen Konsequenzen der EZB-Neuausrichtung für Unternehmer/innen und Konsument/innen und wurde abschließend um kritische Fragen aus dem Publikum ergänzt.

Prof. Harald Bolsinger von der Weltethos-Forschungsgruppe und Prof. Ulrich Klüh vom Zentrum für nachhaltige Unternehmens- und Wirtschaftspolitik zogen für den Veranstalterkreis schließlich ein gemischtes Fazit: die Diskussionen um das Mandat der EZB werden weiter gehen und es ist zentral, dass für die Grundfragen der Geld- und Finanzpolitik bzw. deren Wechselwirkung mit Umwelt- und Nachhaltigkeitsfragen eine breite Öffentlichkeit hergestellt wird. Die Tagung der Weltethos-Forschungsgruppe Finanzen und Wirtschaft konnte hier nur ein Anfang sein. Die Gruppe wird sich weiterhin aktiv für ein ökologisch und sozial verträgliches Finanzwesen einsetzen und Entwicklungen in der internationalen Finanzpolitik kritisch begleiten.

Eine weitere Tagung für 2022 ist bereits in Planung.

Text: Anna Tomfeah / Dr. Bernd Villhauer
Bilder Anna Tomfeah / Weltethos-Institut